Anstand

Veto Numero acht

Benimm dich mal anständig! Eine Aufforderung, die wahrscheinlich vielen Menschen aus ihrer Kindheit in Erinnerung geblieben ist. Doch was ist gemeint, wenn uns dieser Satz „zur Ordnung“ rufen soll? Was verbirgt sich denn hinter dem klingenden Begriff Anstand? Nicht selten meinen wir einen für uns als selbstverständlich empfundenen Maßstab für ethisch-moralisches Handeln. Wir formulieren damit eine Erwartung an gutes Verhalten. Der Anstand bestimmt, wie wir miteinander umgehen, oder besser: wie wir miteinander umgehen sollten. Weil wir doch oft davon abweichen.

Wer aber legt fest, was gutes Verhalten ausmacht? Zuallererst sind wir es selbst, weil wir Werten und Idealen folgen, die wir für angemessen halten und nach denen wir auch handeln wollen. Während viele noch darüber philosophieren, streiten und verhandeln, gibt es Menschen in diesem Land, die für sich genau benennen können, was sie für anständig und moralisch vertretbar halten – ganz egal, was andere dazu meinen: sich der Klimakrise anzunehmen etwa, Menschen aus Kriegsgebieten auszufliegen, die Pflege zu reformieren oder Vermögen anders zu verteilen.

Wege kreuzen

Das Jahr geht langsam zu Ende. Und für die kalten Temperaturen liefern wir die passende Lektüre – die achte Ausgabe Veto. Und wieder sind es 100 Seiten geworden, die gelesen werden wollen. Diesmal dreht sich alles um Fragen von Anstand.

Errorkuierung — 12

Theresa Breuer ruft über Nacht die „Kabul Luftbrücke“ aus, chartert einen Airbus und fliegt mitten ins Chaos nach Kabul. Niemand evakuiert derzeit so ambitioniert Menschen aus Afghanistan wie ihre Initiative.

Sinnsuche — 22

Viele fürchten eine zunehmende Polarisierung zwischen Arm und Reich. Die Corona-Krise bringt einige Menschen in existenzielle Not. Mit einem Millionenvermögen im Rücken scheinen diese Probleme für Irmingard Weise weit weg. Doch die Erbin geht kritisch mit sich und ihresgleichen ins Gericht. Reiche fordert sie auf, endlich Geld abzugeben.

Auf den letzten Metern — 26

Dass der Kohleausstieg kommt, bezweifelt heute niemand mehr. Die Ampel-Koalition hält 2030 für realistisch. Doch bis es soweit sein wird, sollen weitere Dörfer weichen. Ein Ortstermin im rheinischen Revier.

Alles in Bewegung — 34

Es ist nicht allzu lange her, da galt das Kopftuch in der Öffentlichkeit als Unterdrückungsmerkmal von Frauen. Esra Karakaya hat dieses verzerrte Bild mit ihrem YouTube-Talk maßgeblich gerade gerückt. Doch schon lange geht es ihr um viel mehr.

In Not — 40

Es gehört zu den Bildern der Pandemie: Applaus auf Balkonen für eine Branche, die an vorderster Front mit dem Virus und für seine Betroffenen kämpft. Doch das reicht nicht. Forderungen werden inzwischen deutlicher adressiert und Stimmen lauter, so wie die von Jana Luntz und Vanessa Schulte.

Spurensuche — 46

Zur Klimagerechtigkeit gehört es auch, rassistische und koloniale Strukturen zu überwinden. Wie sich Leonie Baumgarten-Egemole dafür einsetzt.

Kartenspielereien — 50

Kann losgehen! Hier kommt der vierte und (vorerst) letzte Teil unseres Aktivismus-Quartetts. Ein Kartenspiel, das all die aktivistischen Gruppen im Land vereint. Oder sagen wir besser: viele. Wer fleißig alle Veto Ausgaben in diesem Jahr gesammelt hat, zählt nun 32 Karten in seinem Deck – alle individuell und liebevoll illustriert. Und die Winterzeit ist ja prädestiniert für einen ausgiebigen Spieleabend mit der Familie oder befreundeten Menschen. Fragt doch mal in euren Messenger- Gruppen nach und verabredet euch am besten direkt. Wer nochmal eine Auffrischung in Sachen Quartettspielregeln braucht, der schaue ins Netz oder melde sich direkt bei uns: Wir helfen weiter.

VEranTwOrtung — 56

Sookee ist queerfeministische Antifaschistin, Musikerin und Mutter. Sie ist Fan von gegenseitiger Sichtbarmachung und Rotationsprinzipien. Mit ihrem Kindermusikprojekt „Sukini” kümmert sie sich vor allem um die jungen Ohren in der Gesellschaft. Für Veto schreibt sie die Kolumne

Oh Gott, oh Gott* — 58

Feminismus und Religion schließen einander aus? Nicht für Maike Schöfer und Veronika Gräwe. Beide setzen sich für Geschlechtergerechtigkeit in ihren Kirchen ein – die eine im Netz, die andere als Teil einer Reformbewegung. Ein Gespräch über die Chancen des Glaubens und die Notwendigkeit eines Aufbruchs.

Tanz — 64

In Metropolen gehören sex-positive Partys längst zum Nachtleben dazu. Doch auch in kleineren Städten etabliert sich dieses Format. Unsere Autorin wagte das Selbstexperiment – und entdeckte, wie politisch Feiern sein kann.

Passkontrolle — 72

Asylverfahren sind starre bürokratische Akte mit vielen Eigenheiten: Wer abgelehnt wird, aber nicht nach Syrien abgeschoben werden kann, muss mit einem Regime kooperieren, das der Grund für die Flucht war. Wie deutsche Vorschriften dem Machthaber Bashar al-Assad finanziell zugutekommen.

Es ist angerichtet — 76

Frauen sind in der Gastronomie meistens Kellnerin, selten Chefin. Jessica Wolf wollte es anders machen. Mit ihrem veganen Restaurant bleibt sie die Ausnahme in einer männer- und fleischdominierten Branche. Ein Besuch.

Und Action — 82

Filmemachen und Klimaschutz gehören für Regisseurin Johanna Jaurich zusammen – vor und hinter der Kamera. In ihren Dokumentationen sucht sie nach Lösungen für die globale Klimakrise und setzt in ihrer Branche selbst Maßstäbe für mehr Nachhaltigkeit.

Blaxpertise — 86

Achan Malonda ist politische Künstlerin und Aktivistin gegen Rassismus, für queerfeministische und intersektionale Awareness. Musikalisch schwebt sie zwischen Pop, Elektrobeats und klassischem Chanson. Für Veto schreibt sie die Kolumne

Mann, Mann, Mann — 88

Das Patriarchat sorgt dafür, dass Macht ungleich verteilt ist. Viele erkennen das – aber kommt die unfaire Weltordnung damit an ihr Ende?

Stillender Vater — 94

Daniel Masch zeugt mit seinem Mann ein Kind – und verschiebt für den Nachwuchs seine Transition. Mit seinem Leben räumt der Pädagoge gründlich mit Missverständnissen und Klischees auf.

Veto ist das neue Print-Magazin, das die Engagierten im Land in den Fokus der Berichterstattung rückt. Veto ist ein gedrucktes Heft, aber auch eine Plattform für all jene, die sich auf den Weg gemacht haben, unsere offene Gesellschaft zu verteidigen. Viermal im Jahr und jeweils auf 100 Seiten stellen wir Engagierte, deren Arbeit, Aktionen, Ideale vor – und regen Debatten an. Die Botschaft an alle Gleichgesinnten: Ihr seid nicht allein!