Numero fünf
Wie sehr sehnen wir uns doch alle manchmal nach einem Neuanfang. So ähnlich wie früher beim Kassettenradio: Stopp-Taste drücken, vorspulen und dann bitte was anderes hören, das irgendwie auch besser klingt. Ein Neuanfang ist häufig eher Wunsch denn Realität. Menschen und die Gesellschaft, in der sie leben, sind träge, auch anpassungsfähig. Einige haben sich mit dem arrangiert, was ist und bleiben wird. Sie sind müde geworden von zu viel Veränderung. Neues aber schafft andere Perspektiven, die sonst abwegig scheinen. Lassen wir uns doch darauf ein!
Corona lässt alle auf einen Neuanfang hoffen – und doch ist es mehr die Sehnsucht nach Altbekanntem. Was ist mit anderen Fragen, die wir uns stellen sollten? Muss das Geschlecht ein Leben lang dasselbe sein? Kann Sprache verändert werden? Sind Ideale für immer gesetzt? Neu anzufangen, das kann bedeuten, Leiden zu mildern, Chancen zu sehen und sie zu ergreifen oder alberne Normen nicht als für-immergesetzt zu sehen. Vorschlag: starre, überholte Vorstellungen und eingefahrene Muster überdenken, sie diskutieren, auseinander bauen und wieder anders zusammensetzen.
Wenn morgen heute ist
Es geht endlich wieder los! Hier ist sie also, die erste Ausgabe Veto in 2021. Und welches Thema könnte besser in diese Zeit passen als Neuanfang?
“Ich wünsche mir, das Vorbild zu sein, das ich selbst nie hatte” — 12
Linus Giese ist bloggender Buchhändler, Autor – und trans. Lange hat er mit seiner Identität gehadert. Inzwischen schreibt und spricht er öffentlich über seine Transition, transfeindliche Kommentare im Internet und die politische Diskriminierung von trans Menschen. Eine Begegnung.
#IchBinKeinVirus — 20
Vor einem Jahr wurde Corona erstmals auch in Europa nachgewiesen. Die Folgen der Pandemie waren damals noch nicht abzusehen. Mit dem Virus werden auch rassistische Klischees wieder präsenter. Asiatisch gelesene Menschen wie Thủy-Tiên Nguyễn leiden unter den Anfeindungen und der Berichterstattung – und sie werden nicht müde, das zu kritisieren.
Abgeordnet — 24
Die Debatten über drängende gesellschaftliche Fragen werden auf der Straße losgetreten, aber in den Parlamenten verhandelt und dort auch entschieden. Einfluss darauf haben Engagierte nur selten – außer: Sie kandidieren und sind erfolgreich bei Wahlen. Wenn aus Aktivismus Politik wird.
Vier Wände — 30
Wer auf der Straße lebt, ist schutzlos. Der Verein Little Home baut überall im Land kleine Container aus Holz und verschenkt sie an Wohnungslose. Die Häuschen sollen aber nur eine Zwischenstation sein.
Der Sprache mächtig — 40
Sie ist die ganze Zeit da, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht. Wir denken in Sprache, wir leben darin, wir treten darüber in Kontakt. Sprache ist im Wandel, schon immer gewesen. Das ständige Hinterfragen von Begriffen, Kategorien und den strukturellen Machtverhältnissen, die sie repräsentieren, ist wichtiger Teil der Arbeit von Felicia Ewert und Sharon Dodua Otoo. Wie können wir in Zukunft Diskurse diskrimiminierungskritischer führen?
Mama — 44
Homeschooling, Homeoffice, Kinderbetreuung – Corona überfordert Familien und nimmt vielen Müttern ihr privates Leben. Der Druck aber war auch vorher schon riesig, nur will das niemand wissen. Auf der Suche nach einem Ausweg.
Komm schon, spiel mit! — 50
Veto steigt ins Spiele-Business ein. Wurde aber auch Zeit, werdet ihr jetzt denken. Stimmt ja auch! Denn was fehlt mal wieder auf dem Markt? Ein Quartettspiel, das all die aktivistischen Gruppen im Land vereint. Oder sagen wir besser: viele. Denn wir haben bestimmt auch ein paar vergessen, die euch aber total wichtig gewesen wären. Es bleibt am Ende doch eine unvollständige Auswahl – 40 Karten, zehn Quartette und hoffentlich eine ganze Menge Spielspaß. Aber es gibt nicht gleich alles auf einmal. Die Spielkarten verteilen wir auf alle vier Ausgaben in diesem Jahr. Was besonders ist: Ihr könnt sie euch raustrennen. Und: Jedes Quartett wird exklusiv und individuell illustriert. Jedes Set bekommt also seinen ganz besonderen Look.
Klang der Revolution — 56
Zwischen Musiker und Aktivist kann Pablo Charlemoine nicht trennen. Seit dem Aus seiner Band Irie Révoltés steht er als Solokünstler Mal Élevé auf der Bühne. Als das Album fertig war, kam Corona. Die Hoffnung aber hat er nicht verloren, schon gar nicht auf politische Veränderungen.
VEranTwOrtung — 60
Sookee ist queerfeministische Antifaschistin, Musikerin und Mutter. Sie ist Fan von gegenseitiger Sichtbarmachung und Rotationsprinzipien. Mit ihrem Kindermusikprojekt „Sukini“ kümmert sie sich vor allem um die jungen Ohren in der Gesellschaft. Für Veto schreibt sie die Kolumne …
Fantasieland — 62
Das Leben in den Städten stößt an Grenzen – Überfluss, Anonymität und Überforderung. Ländliche Regionen werden daher wieder attraktiver und von Zugezogenen und Gebliebenen gleichermaßen neu belebt. Trotz begrenzter Mittel bauen sie ihr eigenes Paradies. Ein Besuch in der Oberlausitz.
Signale im Supermarkt — 68
Ein Schoko-Start-up möchte gesunde Riegel herstellen und damit die Welt verbessern. Kann das funktionieren?
Vergessenes Erbe — 72
Koloniale Spuren lassen sich in fast allen Städten finden, nur werden sie von den wenigsten Menschen wahrgenommen. Dabei prägen die dunklen Kapitel deutscher Geschichte genauso die Gegenwart. Schwarze Initiativen drängen daher auf eine ernsthafte Debatte und die Umbenennung von Straßennamen, werden allerdings meist ignoriert oder sogar angegriffen. Ein Spaziergang mit Afrikawissenschaftlerin Josephine Apraku.
Kann Mann Feminist? — 78
Ein Gespräch zwischen Autorin Sibel Schick und Männerforscher Christoph May über Privilegien, Männerbünde und sexualisierte Gewalt.
Sisterhood — 84
Achan Malonda ist politische Künstlerin und Aktivistin gegen Rassismus, für queerfeministische und intersektionale Awareness. Musikalisch schwebt sie zwischen Pop, Elektrobeats und klassischem Chanson. Für Veto schreibt sie die Kolumne …
Hirn, Herz, Gedächtnis — 86
Jurist Said Haider will Menschen mit Diskriminierungserfahrungen über ihre Rechte aufklären und Beratung vermitteln – alles per Chatbot.
Zündstoff — 90
Spätestens seit ihrem satirischen Antifa-Song sind Akne Kid Joe überall im Land bekannt. Auch zur Corona-Politik bezieht die Band aus Franken Stellung – was nicht unwidersprochen bleibt. Punk und Freiheitseingriffe: Passt das zusammen?
Veto ist das neue Print-Magazin, das die Engagierten im Land in den Fokus der Berichterstattung rückt. Veto ist ein gedrucktes Heft, aber auch eine Plattform für all jene, die sich auf den Weg gemacht haben, unsere offene Gesellschaft zu verteidigen. Viermal im Jahr und jeweils auf 100 Seiten stellen wir Engagierte, deren Arbeit, Aktionen, Ideale vor – und regen Debatten an. Die Botschaft an alle Gleichgesinnten: Ihr seid nicht allein!